Ich schaffe niemals einen Halbmarathon
Jedes Jahr im Herbst stehe beim jährlichen Marathon am Zuschauerrand und bewundere die Läufer,die an mir vorbeiziehen.Das mache ich schon seit Jahren so. Als ob ich mir selber immer wieder beweisen muss, dass ein Mensch so etwas schaffen kann. Denn obwohl ich schon seit über 15Jahren mehr oder weniger regelmäßig laufe, bin ich überzeugt, dass ich niemals, niiiiiiemals, so weit laufen könnte. Zumindest glaubte ich das bis zum letzten Sommer-bis ich selber die Halbmarathondistanz lief,ohne es zu merken.
Wie geht das?
Jetzt fragt ihr euch bestimmt, wie kann man eine solche Leistung bringen, ohne es zu merken? Wie kann man so etwas denn aus Versehen schaffen? Nun, ich habe schon das ein oder andere Mal an einem Lauf-Wettkampf teilgenommen, meist 5km Funrun-Veranstaltungen. Und so kam es, dass mich eine Freundin und ehemalige Kollegin fragte, ob ich mit ein paar Kollegen aus meiner alten Firma gern bei einem Wettkampf dabei wäre. Genau gesagt, ein 24-Stunden-Lauf und die Strecke war nur 1,2 km.Und irgendwie schaffte es mein Kopf, die 24 Stunden auszublenden und ich sagte mir:“1,2 km, das ist ja garnix.Ich bin dabei!“
Eine echte Herausforderung
Wir waren mit neun Läufer dabei und wechselten uns immer der Reihe nach ab. Am Anfang lief es auch super und es machte einen Riesenspaß. Die erste Herausforderung war, sich die Nahrung gut einzuteilen. Ich musste natürlich genug Energie für Belastung bereit stellen, durfte aber wegen der schnellen Wechsel meinen Bauch nicht zu voll schlagen. Richtig hart würde es in der Nacht. Wir teilten uns in zwei Gruppen, so dass jeder ca. 2,5 Stunden schlafen konnte. Die anderen mussten in der Zeit natürlich doppelt soviel laufen. Bevor ich mich in meinen Schlafsack verkrümelte,duschte ich und zog mir gleich die neuen Laufklamotten zum Schlafen an.Als ich dann mitten in der Nacht geweckt wurde, fluchte ich zum ersten Mal, dass ich freiwillig so etwas mache. Ich stand zur Ablösung am Start und dann fing es auch noch an, zu regnen. Übermüdet, nass und hungrig lief ich trotzdem irgendwie zufrieden ins Ziel und gab den Staffelstab ab. Kurz danach fiel eine Läuferin aus der Gruppe aus und damit wurden die Pausen kürzer.
Ich schaffte noch drei oder vier Runden, dann fing auch ich an zu schwächeln. Ich dachte, das wars und das Laufen war für mich beendet. Ich zog mir etwas drüber und kuschelte mich in meinen Schlafsack, etwas enttäuscht, dass ich abbrechen musste. Aber nachdem ich mich eine Stunde ausgeruht und etwas gegessen hatte, spürte ich wieder Energie und stellte mich wieder an den Start und lief bis zum Schluss.
Ich lief an diesem Tag (für mich) unglaubliche 26 km! Es waren zwar einzelne Etappen, aber es war sogar mehr als ein Halbmarathon. Als mir das klar wurde, hatte ich einen Kloß im Hals.
Selbstsabotage und Mindset
Hätte ich vorher drüber nachgedacht, wieviele Kilometer das insgesamt sind, hätte ich nicht geglaubt, dass ich es schaffen kann-und hätte es sicher auch nicht geschafft. Ich habe mich ausgetrickst, ohne es zu merken und dadurch etwas gemacht, was ich nicht für möglich hielt. Alles, was man braucht, ist das richtige Mindset. Ich freu mich schon auf das nächste 24Stunden-Rennen und weiß beim nächsten Mal, dass ich es schaffen kann.
Sportliche Grüße, Jenny